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Praxisfall: Haftungsfragen bei Schäden in der Eigentümergemeinschaft (WEG)

  • Autorenbild: Zeller & Partner | Real Estate
    Zeller & Partner | Real Estate
  • 8. Jan.
  • 4 Min. Lesezeit

Haftung der WEG

In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) sind Haftungs- und Kostentragungsfragen bei Schäden am Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum ein häufiger Streitpunkt. Die Klärung solcher Fragen erfordert ein Verständnis der rechtlichen Grundlagen, der Abgrenzung von Verantwortlichkeiten und der Auswirkungen auf die Eigentümer.


Die rechtlichen Grundlagen: Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum

Gemäß dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wird zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum unterschieden. Diese Abgrenzung ist entscheidend, um die Verantwortlichkeiten und Haftungsfragen zu klären.


  • Gemeinschaftseigentum umfasst alle Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, sowie Anlagen, die gemeinschaftlich genutzt werden. Dazu zählen z. B. Dach, Fassade, tragende Wände, Loggien oder Balkone.


  • Sondereigentum betrifft die individuell nutzbaren Bereiche einer Wohnung, wie Wohnräume, Küchen oder Badezimmer. Dabei sind Bodenbeläge, Tapeten und andere Innenausstattungen typischerweise Sondereigentum.


Die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums obliegt der WEG (§ 5 Abs. 2 WEG). Für das Sondereigentum ist hingegen der jeweilige Eigentümer verantwortlich.


Haftung der WEG bei Schäden am Sondereigentum

Die zentrale Frage bei Schäden lautet: Muss die WEG für Schäden am Sondereigentum haften, die durch Mängel am Gemeinschaftseigentum verursacht werden?


Keine verschuldensunabhängige Haftung

Die WEG haftet nicht automatisch für Schäden am Sondereigentum. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21.05.2010, Az. VR 10/10) besteht kein verschuldensunabhängiger Anspruch auf Schadensersatz. Schäden, die durch Abnutzung, Alterung oder nicht erkennbare Baumängel am Gemeinschaftseigentum entstehen, begründen keinen Ersatzanspruch.


Haftung bei Pflichtverletzung

Ein Schadensersatzanspruch entsteht nur, wenn die WEG ihre Instandhaltungs- oder Instandsetzungspflichten verletzt hat. Dafür muss der Eigentümer folgende Punkte nachweisen:


  1. Pflichtverletzung: Die WEG hat bekannte Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht rechtzeitig behoben.

  2. Kausalität: Der Schaden am Sondereigentum ist unmittelbar durch diese Pflichtverletzung entstanden.

  3. Verschulden: Die WEG hat schuldhaft gehandelt, z. B. durch Verzögerung oder Vernachlässigung.


Beispielsweise haftet die WEG, wenn bekannt war, dass das Dach undicht ist, jedoch keine Reparaturmaßnahmen eingeleitet wurden, und dadurch ein Wasserschaden in einer Wohnung entsteht.


Kostentragung für Schäden am Gemeinschaftseigentum

Die Instandsetzung von Gemeinschaftseigentum ist eine Aufgabe der WEG. Die Kosten werden im Rahmen der Gemeinschaft finanziert und auf die Eigentümer gemäß dem in der Teilungserklärung festgelegten Verteilungsschlüssel umgelegt. Dies gilt auch dann, wenn der Schaden nur eine bestimmte Wohnung indirekt betrifft, etwa durch ein undichtes Dach über einer bestimmten Einheit.

Einzelne Eigentümer können die Übernahme der Kosten für Reparaturen am Gemeinschaftseigentum durch die WEG verlangen, wenn ein Mangel vorliegt. Solange die Maßnahme innerhalb der üblichen Instandhaltungspflichten der WEG liegt, ist die Zustimmung der Gemeinschaft nicht erforderlich.


Schadensersatzansprüche unter Eigentümern

Schadensersatzansprüche zwischen den Eigentümern kommen nur unter engen Voraussetzungen in Betracht. § 1004 BGB und § 823 BGB bieten eine rechtliche Grundlage, wenn ein Miteigentümer durch schuldhaftes Verhalten einen Schaden verursacht hat, etwa durch:

  • unsachgemäße bauliche Veränderungen, die zu Schäden an angrenzendem Sondereigentum führen,

  • grobe Nachlässigkeit, die den Schaden unmittelbar verursacht.


Wenn jedoch ein Schaden durch Gemeinschaftseigentum verursacht wurde (z. B. eine undichte Loggia), haftet der betroffene Eigentümer der Einheit in der Regel nicht, da die Verantwortung für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums bei der WEG liegt.


Mietminderung durch Mieter: Wer trägt den Verlust?

Eine besondere Problematik entsteht, wenn ein Schaden am Sondereigentum die Mietnutzung beeinträchtigt und Mieter die Miete mindern. Gemäß § 536 Abs. 1 BGB können Mieter die Miete mindern, wenn ein Mangel vorliegt, der die Tauglichkeit der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigt.

Für den Eigentümer, der Einnahmeverluste durch die Mietminderung erleidet, stellt sich die Frage, ob ein Ersatzanspruch gegen die WEG oder andere Eigentümer besteht:


  • Anspruch gegen die WEG: Ein Ersatzanspruch besteht nur, wenn die Mietminderung durch eine Pflichtverletzung der WEG verursacht wurde. Ohne Verschulden – etwa bei nicht erkennbaren oder zufälligen Mängeln – haftet die WEG nicht.


  • Anspruch gegen andere Eigentümer: Nur bei nachweisbarem Verschulden eines anderen Eigentümers kann ein Anspruch geltend gemacht werden. Dies ist bei Schäden durch Gemeinschaftseigentum in der Regel nicht der Fall.


Eine Deckung solcher Verluste durch die Gebäudeversicherung ist nur möglich, wenn entsprechende Mietausfälle explizit versichert sind.


Praktische Hinweise für Eigentümer und Verwalter

Um Konflikte und finanzielle Belastungen zu minimieren, sollten Eigentümer und Verwalter folgende Aspekte beachten:


  1. Schäden dokumentieren und schnell beheben:Eine zügige Identifikation und Reparatur von Mängeln am Gemeinschaftseigentum ist entscheidend, um Folgeschäden und Streitigkeiten zu vermeiden.

  2. Kommunikation mit Betroffenen:Transparenz in der Kommunikation zwischen WEG, Verwalter und betroffenen Eigentümern schafft Vertrauen und erleichtert die Schadensregulierung.

  3. Prüfung von Versicherungsschutz und Gemeinschaftsordnung:Eigentümer sollten regelmäßig überprüfen, ob der Versicherungsschutz Mietausfälle und Schadensersatzansprüche abdeckt. Ergänzungen der Gemeinschaftsordnung können klare Regelungen für Haftungsfragen schaffen.

  4. Einholung von Gutachten und juristischem Rat:In komplexen Fällen kann die Einholung eines Gutachtens oder juristischer Beratung helfen, die Verantwortlichkeiten eindeutig zu klären.


Fazit

Schäden in der WEG sind nicht nur eine technische, sondern vor allem auch eine juristische Herausforderung. Die klare Abgrenzung von Verantwortlichkeiten, eine gründliche Prüfung der rechtlichen Grundlagen und eine professionelle Schadensregulierung sind unerlässlich, um Konflikte zu vermeiden und eine gerechte Kostentragung zu gewährleisten. Sowohl Verwalter als auch Eigentümer sollten sich ihrer Rechte und Pflichten bewusst sein, um im Schadensfall angemessen und rechtssicher handeln zu können.



Disclaimer

Dieser Artikel dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Die dargestellten Inhalte basieren auf allgemeinen rechtlichen Grundsätzen und können je nach individueller Situation abweichen. Für eine verbindliche Klärung Ihrer rechtlichen Fragen oder die Prüfung Ihrer Ansprüche empfehlen wir, einen qualifizierten Rechtsanwalt oder Fachberater zu konsultieren. Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit im konkreten Einzelfall.


Quellen

Gesetzliche Regelungen zur Instandhaltung und Haftung im Wohnungseigentum. Online abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/weg/

Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 21.05.2010, Az. VR 10/10: Entscheidendes Urteil zur Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Schäden am Sondereigentum.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Online abrufbar unter: https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/

Fachliteratur Wohnungseigentumsrecht:

Bärmann, Wolfgang: „Praxiskommentar zum Wohnungseigentumsgesetz“, 15. Auflage, C.H. Beck.

Hügel, Gabriele: „Wohnungseigentumsrecht“, Nomos Verlag.

Fachartikel der Deutschen Anwaltsauskunft: Informationen zu Haftungsfragen im Wohnungseigentumsrecht. Abrufbar unter: https://anwaltauskunft.de

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